Biographie





"To go from nothing to that in seven years was amazing". Bis heute denkt Labelboss Miller gerne an den Tag zurück, an dem Depeche Mode, die er 1980 im Vorprogramm von Fad Gadget in London entdeckt hatte, am 18. Juni 1988 das riesige Rose Bowl Stadion in Pasadena (Kalifornien) mit 70.000 Zuschauern ausverkauften. Unter all den hippen Synthiebands wie Soft Cell, Human League und OMD hatte er nachweislich den Goldesel aller UK-New Wave-Elektroniker für Mute gesignt. Obwohl sich auch Dave Gahan (voc), Andy Fletcher, Martin Gore und Vince Clarke Anfang der 80er grässlich kleideten, holten sie doch aus ihren analogen Synthesizern Melodien heraus, die rasch Englands Interesse wecken sollten.
Das "New Life" als Popstars schien aber schon 1981 beendet zu sein, als Songwriter Clarke (später Erasure) abdankt. Der Tourstress. Keyboard-Blondie Martin Gore zeigt jedoch ungeahntes Kompositionstalent indem er den Trällerkanonen seines Vorgängers die nötige Spur Tiefgang in den Melodien folgen lässt. "Leave In Silence" von 1982 schwebt schon Welten über "Just Can't Get Enough".
Bei "Construction Time Again" steigt Alan Wilder vom gebuchten Live-Musiker zum festen Bandmitglied auf und kommt damit pünktlich zur Erforschung der Sampling-Technik, die die Depeche-Songs jener Zeit prägt - "Pipeline" besteht gar ausschließlich aus aneinander gereihten Samples. Diese später als Industrial-Phase bezeichnete Zeit führt das Quartett nach Berlin, wo die Hansa Studios mit Renommee (Bowie) und einem 56-Spuren-Mischpult locken. Gesamplet wird alles, was Geräusche erzeugt. Neubauten-Chef Blixa Bargeld, ebenfalls Hansa-Gast, wird später behaupten, DM hätten sich für ihren größten Hit mit Samples aus Neubauten-Restbeständen bedient, was Wilder als "lächerlich" bezeichnet.

Besagter Hit heißt "People Are People", verdrängt am 26. April 1984 Alphavilles "Big In Japan" vom ersten Platz der deutschen Charts und wird fortan neben Queens "Radio Ga Ga" auf jeder Grillfete gegrölt. Mit dem Wirbel um die skandalträchtigen Lyrics in den Nachfolge-Hits "Master & Servant" (S&M) und "Blasphemous Rumours" (Gotteslästerung) füllen sich auch die Hallen der 84er Tour. In Ludwigshafen tritt man sogar auf einem Elton John-Festival auf (Mister Crocodile Rock prophezeit der Band nebenbei eine große Zukunft, ein Visionär?). Traurig endet ein Dezember-Konzert in Böblingen, wo ein Verrückter bei der Zugabe "See You" eine Rauchbombe zündet, die Panik auslöst, zum Glück aber keine Verletzten fordert.

1985 werden die Staaten angetestet. Den Erfolg verdanken DM wieder vor allem "People Are People", das zusammen mit einer Greatest Hits-Scheibe den Weg in die College Radios findet. Gore, der mittlerweile bevorzugt in Frauenkleidern und bunt geschminkt die Bühnen betritt und sich als Nightlife-Stripper einen Namen macht, spaltet zunehmend konservative Lager und wird zum Idol in homosexuellen Kreisen. Auf dieser Tour legen Mode auch den Grundstein für die umjubelte 88er Tour. Nach dem kompositorisch wunderbaren, soundtechnisch eher stagnierenden "Shake The Disease" gerät die Single "It's Called A Heart" endgültig zur Blaupause interner Orientierungslosigkeit. Bis heute ist keines der Bandmitglieder mit dem Song zufrieden, Wilder hätte gar "schon damals für das weit komplexere 'Fly On The Windscreen' (B-Seite) als Single votiert".

Mit "Black Celebration", wie die beiden Vorgänger in Berlin produziert, offenbart die Band ihre düsterste Seite, die Single "Stripped" zählt zu den stärksten Singles, die DM bis dato veröffentlichen (in den Staaten erscheint zum Ärger der Band die gefällige B-Seite "But Not Tonight" als Single). "Music For The Masses" zeigt eine Abkehr von früheren Sampling-Orgien hin zu organischeren Sounds. Das Album beschert ihnen den Durchbruch in Amerika, ein Livealbum der "101"-Show und ein Video der Tour kommen in den Handel. Die "Music"-Tour führt DM im März 1988 auch erstmals nach Ost-Berlin, wo man die vereinbarten 5000 Westmark Gage einnimmt und somit etwa 100.000 Mark Verlust macht. Auch hier werden sie von Fans (und Parteifunktionären?) lautstark gefeiert.

Schließlich 1990, das Jahr der Welteroberung. Mancher ahnt es bereits als sich Ende '89 der bluesy Riffklotz "Personal Jesus" in die Plattensammlung früherer Mode-Hasser einschleicht und zu einer der bestverkauftesten US-Singles ever wird! Das Album "Violator" plus "Enjoy The Silence" als Popsingle par excellence sorgen dafür, dass die Jungs in aller Welt vor ausverkauften Hütten spielen. Doch dass Sänger Dave drei Jahre später mit ungekämmter Kurt Cobain-Matte den Grunge-Held himself als Rockerlöser beerben will, überrascht dann doch. Auch im Drogenkonsum ist Gahan kein Chorknabe mehr, was zu diesem Zeitpunkt nur wenige wissen. Die Single "I Feel You" böllert mit Rückkopplungen à la Sonic Youth in die Charts und das '93er Album selbst wird zur offensichtlichsten Reminiszenz an den Zeitgeist seit Bandbestehen.

Mit Nummer Eins-Platzierungen in Deutschland, England und den Staaten beginnt eine euphorische Welttournee, die böse enden sollte. 14 Monate verbringt man auf der Straße (174 Konzerte) und Dave als bekennender Jane's Addiction-Fan fühlt sich sichtlich wohl in der neuen Rolle als Rock-Gott. Mit der Bandchemie ist's indes vorbei: alle Vier haben eigene Backstage-Räume, eigene Limos und wohnen in Hotels nicht nur auf verschiedenen Etagen sondern auch diagonal, damit niemand die After Show-Eskapaden eines Kollegen über/unter sich mitkriegt. Mitte 1994 endet die Mammut-Tour, Dave wandelt weiter eisern in Cobains Spuren und Technikgenie Alan steigt 1995 entnervt aus und werkelt seitdem am Soloprojekt Recoil.

Wie 1997 "Ultra" erscheinen konnte, nachdem Dave mit einem Selbstmordversuch und der Erfüllung sämtlicher Befürchtungen quasi untragbar wurde, bleibt ein Rätsel. Die Rückkehr beeindruckt durch düstere und minimale Elektronikklänge fernab von Bombast-Arrangements, einzig "Barrel Of A Gun" erinnert noch an DM's Gitarrenphase. Die von Tim Simenon (Bomb The Bass) produzierte Scheibe schlägt ein und holt gleichzeitig einige alte Synthie-Fans zurück. 1998 wagt das Trio eine auf fünf Monate abgespeckte Welttour, die auch der wieder nüchterne Dave gut übersteht.

2001 gibt es die Band noch immer. Die Single "Dream On" kommt Ende April in die Läden und steigt auf Anhieb von Null auf Platz Eins der deutschen Charts ein. Dass sie in der zweiten Woche bereits auf Platz 16 zurückfällt dokumentiert einmal mehr die Kaufkraft der riesigen Fangemeinde. Bei der Veröffentlichung des zehnten Albums "Exciter" sind die für Herbst angekündigten Konzerte bereits ausverkauft.

Im Mai 2002 erscheint mit "One Night in Paris" die erste Live-DVD von Depeche Mode, auf der das Paris-Konzert der "Exciter"-Tournee mit Backstage- und Interviewszenen angereichert ist. Es folgen die DVDs "Videos 86-98", "101" und "Devotional". 2003 veröffentlichen Martin Gore und Dave Gahan neue Soloalben und Organisationstalent Andy Fletcher nutzt die Bandpause, um sein Label "Toast Hawaii" zu gründen. Die kuriose Namensgebung geht zurück in die Zeit der Aufnahmen zum DM-Album "Some Great Reward" im Jahr 1984. Damals verspeiste Fletcher in der Kantine der Berliner Hansa Studios über Monate hinweg beinahe täglich die Süßspeise und gab einigen damals selbst komponierten, jedoch nie veröffentlichten Songs auch diesen Projektnamen. Die erste Band auf Toast Hawaii ist die britische Elektroband Client.

Das Jahr 2003 endet mit unmissverständlichen Interview-Statements seitens Dave Gahan, der nur bei steigendem Einfluss aufs Songwriting einen Fortbestand von Depeche Mode gewährleistet (siehe auch Interview: "Ich bin nicht Martin Gores Marionette"). Während sich alle Beteiligten Mitte 2004 zu Sondierungsgesprächen treffen, erscheint die DVD des "Devotional"-Konzerts von 1993 und am 25. Oktober 2004 schließlich das lange angekündigte Doppelalbum "Remixes 81-04". Neben einer Latte an Klassikern wie dem Split Mix von "Never Let Me Down Again" finden sich auch neue Songversionen darauf, z.B. ein Goldfrapp-Remix von "Halo" oder "Photographic" im "Rex The Dog Dubb Mix". Als Single-Auskopplung wählt man "Enjoy The Silence" in der gitarrenlastigen Bearbeitung von Mike Shinoda (Linkin Park).

Im Frühjahr 2005 freut sich Mute vermelden zu dürfen, dass die Herren Gahan, Gore und Fletcher tatsächlich in trauter Eintracht unter der Sonne Kaliforniens an neuen Songs werkeln. Mitverantwortlich für die gute Stimmung ist der neue vierte Mann, Produzent Ben Hillier, der in der Vergangenheit bereits an Alben von Blur ("Think Tank"), Elbow ("Cast Of Thousands"), U2 ("Pop") und Suede ("Head Music") beteiligt war. Zitate gibt es auch: "Es ist ein wunderbares Gefühl, wieder zusammen im Studio zu sein und wir sind alle begeistert vom neuen Material", so Gahan. Und: "Wir haben ein unglaublich gutes Gefühl, was das neue Album betrifft. Ben Hillier hat eine ganz neue Dynamik in die Band gebracht, die wir sehr inspirierend finden." Auf einer Pressekonferenz im Juni verrät die Band, dass das neue Studioalbum im Oktober 2005 erscheinen soll, Anfang 2006 folgt eine Europatournee.
Biographie Quelle:
www.laut.de
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